Wissenschaftler entschlüsseln die Kommunikation zwischen Darmbakterien und Immunsystem

Forscher haben erstmals erfolgreich die Kommunikation zwischen Darmbakterien und Immunsystem „abgehört“. Eine Studie an der renommierten Harvard Medical School analysierte den Einfluss von Mikroorganismen auf eine Reihe von Immunzellen sowie auf die im Darm exprimierten Gene.

Ein jeder einzelner Typ von Immunzellen wurde dabei von verschiedenen Bakterien auf ganz unterschiedliche Weise beeinflusst. Einige Bakterien übten eine starken Einfluss aus, während andere wiederum eher subtile Effekte hatten. Nur ganz wenige Keime zeigten gar keine Wirkung. Ein Teil der Bakterien erhöhte die Aktivität bestimmter Zellen, ein anderer dämpfte die Aktivität derselben Zellen.

Diese gegenläufigen Effekte legen einen Mechanismus zur gegenseitigen Kontrolle nahe, der sicherstellt, dass kein einzelnes Bakterium alle anderen in seiner Wirkung auf das Immunsystem aushebeln kann. In ähnlicher Weise führten einige Darmbakterien zu einer verstärkten Aktivität bestimmter Gene, während andere das genaue Gegenteil bewirkten, was ebenfalls auf einen ausgleichenden Mechanismus hinweist.

Man vermutet dabei, dass manche Bakterien bestimmte Gene hochregulieren, um ein für sich günstigeres Milieu zu schaffen, während andere die Genexpression eher unterdrücken, um auf diese Weise ein feindlicheres Milieu für pathogene Keime zu schaffen.

Als die Forscher die Wirkung der Bakterien auf jene Gene untersuchten, die die Aktivität von Zytokinen steuern – das sind Botenstoffe, die verantwortlich sind für Entzündungsreaktionen als Antwort auf Infektionen, Krebs und andere Erkrankungen – bemerkten sie wieder dieselbe ausgleichende Dynamik: manche Keime verstärkten die Aktivität dieser Gene, während andere sie unterdrückten.

In ähnlicher Weise, und dies auch entgegen allen Erwartungen, hatten Bakterien, die zur selben Verwandtschaftsgruppe gehörten, nicht unbedingt denselben oder überhaupt einen ähnlichen Effekt auf die Immunzellen. Diese Beobachtung wiederum legt nahe, dass ein Sicherheitsmechanismus existiert, der garantiert, dass die Immunabwehr auch dann noch funktioniert, wenn ganze Gruppen von Bakterienarten verloren gehen.

Immerhin ein Viertel der untersuchten 53 Bakterienstämme führte dabei zu einer deutlichen Vermehrung der als regulatorische T-Zellen bezeichneten Immunzellen, die verantwortlich sind für eine Eindämmung von Entzündungsprozessen sowie die Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz, die nötig ist, um den Körper vor einem Angriff des Immunsystems auf sich selbst zu schützen.

Eine weitere interessante Beobachtung war die, dass eine einzelne, wenig bekannte Mikrobe, Fusobakterium varium, von allen Keimen die mit Abstand stärkste Wirkung auf die Zellen des Immunsystems hatte. Dies schloss sowohl die Unterdrückung der Sekretion von antimikrobiellen Substanzen als auch die gleichzeitige Aktivierung mehrerer entzündungsfördernder Gene ein.

Die am stärksten von den Bakterien beeinflussten Immunzellen waren jedoch die sogenannten dendritischen Zellen. Diese stehen in direktem Kontakt mit dem Mikrobiom und haben zugleich einen Einfluss auf die bereits erwähnten regulatorischen T-Zellen und deren Sekretion von Interferonen, die als vom Körper produzierte Proteine der Abwehr von Viren dienen. 38% der getesteten Bakterien bewirkten eine Vermehrung der dendritischen Zellen, während nur 8% deren Zahl reduzierte.

Als Nächstes steht die Untersuchung komplexerer Mikrobiom/Immunsystem-Interaktionen auf dem Plan, mit dem Schwerpunkt auf die möglichen synergistischen Effekte von mehreren zugleich anwesenden Bakterienspezies.

 

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